Wertgutachten beim Pferd - Wertgutachten als Entscheidungsgrundlage

Welchen Wert hat ein Pferd, zu einem bestimmten Zeitpunkt, am und für den Markt?

Fragt man stolze Pferdebesitzer nach dem Wert ihres Pferdes, dürfte ihre Antwort sich irgendwo zwischen „nicht mit Gold aufzuwiegen“ und „eigentlich unbezahlbar“ bewegen. Ganz unabhängig davon, ob es sich um einen hochpreisigen Vererber, ein international erfolgreiches Sportpferd, den Pferdekumpel aus dem Offenstall oder das in die Jahre gekommene Familienpferd handelt – der Wert eines Pferdes bemisst sich eben nicht (nur) in Euro. Und damit wäre auch eigentlich alles gesagt – wenn es nicht durchaus Anlässe gäbe, die nach einer objektiven, nachvollziehbaren Einschätzung jenseits ideeller Maßstäbe verlangen: nach einem Wertgutachten. Ein solches zu erstellen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe für ausgewiesene Fachleute.

Wertgutachten als Entscheidungsgrundlage

Exterieur WarmblutEs kann aus ganz unterschiedlichen Gründen notwendig werden, ein Wertgutachten erstellen zu lassen, mit dem der Wert eines Pferdes objektiv und anhand nachvollziehbarer Maßstäbe festgestellt wird. Der gutachterlich ermittelte und allgemeinverständlich begründete Wert fließt dann in Entscheidungen etwa bei Erbstreitigkeiten, Ehescheidungen oder Insolvenzverfahren ein, dient als Grundlage von Versicherungsverträgen, spielt beim Kauf ebenso wie beim Tod von Pferden eine Rolle oder wird zur Einschätzung einer etwaigen Wertminderung etwa nach einem Unfall herangezogen. Gefragt ist hier keine persönliche Meinung, sondern eine objektive Antwort auf die Frage, welchen Wert ein Pferd zu einem bestimmten Zeitpunkt am und für den Markt hat. Auch wenn Pferdefreunde Begriffe wie „wertvoll“ oder „wertlos“ bzw. „weniger wertvoll“ im Zusammenhang mit Pferden generell und aus guten Gründen eher ablehnen, sind sie aus wirtschaftlicher Sicht durchaus gerechtfertigt – ob es uns gefällt oder nicht, Pferde sind auch „Verbrauchsgüter“, das „Produkt“ einer „Herstellung“ und müssen als solche in vielen Fällen im Wert objektiv eingeschätzt werden, um gerechte Entscheidungen fällen zu können. Siehe oben.

Wie wert-voll ist ein Pferd?

Der „Wert“ bemisst sich nicht eins zu eins nach dem „Preis“ und überdies ist der Wert eines Pferdes immer eine vergängliche Größe, die zudem von zahlreichen, oft nur eingeschränkt messbaren Variablen abhängig ist. Alter, Abstammung, Rassezugehörigkeit, Geschlecht, Einsatzgebiet, Erfolge in Zucht und Sport, aber auch überstandene Verletzungen, Stockmaß, chronische Krankheiten, besondere Stärken und Talente ebenso wie charakterliche Schwachstellen, diese und weitere Aspekte liegen als Grundlagen einer Bewertung auf der Hand. Außerdem ist nachvollziehbar, dass die individuellen Eigenschaften eines Pferdes immer vor dem Hintergrund seiner Eignung und seines Einsatzgebietes betrachtet werden müssen: Ein Wallach, der als Springpferd internationale Erfolge vorweisen kann und entsprechend wertvoll ist, wird es im Deckgeschäft nicht weit bringen – als Vererber wäre er wertlos.

Doch auch weniger offensichtliche Kriterien spielen häufig eine Rolle und wollen gutachterlich betrachtet werden: Der heute stark nachgefragte und entsprechend als hochwertig eingeschätzte Deckhengst kann morgen schon auf weitaus geringere Resonanz stoßen und an Wert verlieren, wenn seine Nachzucht die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt hat oder er schlicht nicht mehr im Trend liegt. Das gestern noch hoch erfolgreiche Springpferd kommt nun langsam in die Jahre, seine beste Zeit liegt hinter ihm und damit sinkt auch sein Wert. Das Freizeitpferd einer vor wenigen Jahren noch begehrten Rasse würde heute ganz anders bewertet werden, weil inzwischen ganz andere Pferdetypen stark nachgefragt werden. Kurz: Der Markt ist veränderlich und reagiert nicht nur auf objektive Größen wie Alter, Turniererfolg oder Abstammung, sondern unterliegt auch Schwankungen, die schwerer zu fassen sind. Es gibt halt keine Schwacke-Liste fürs Pferd…

RheinlaenderstuteFair, objektiv, umfassend

Muss der Wert eines Pferdes gutachterlich ermittelt werden, wird der beauftragte Gutachter in die Breite und in die Tiefe gehen: alle relevanten Eigenschaften berücksichtigen und in seine Bewertung einfließen lassen, und sie alle auch im Detail vor dem Hintergrund eines durchaus wankelmütigen Marktes betrachten. Dazu können je nach Anlass verschiedene Verfahren genutzt werden.

Beim Sachwertverfahren werden alle Kosten berücksichtigt, die das Pferd verursacht hat und die normalerweise bis zum Zeitpunkt der Begutachtung angefallen sind. Sie ergeben sich aus der Haltung, Fütterung, medizinischen Grundversorgung und dem Training des Pferdes. Schnell aber stößt dieses Verfahren an seine Grenzen, da im Laufe eines Pferdelebens natürlich beständig weitere Kosten anfallen, diese aber vom realen Marktwert des Pferdes irgendwann nicht mehr abgebildet werden. Kaum ein Pferdefreund wäre etwa bereit, für einen in die Jahre gekommenen Senior einen Preis zu bezahlen, der die bislang angefallenen Kosten dann noch abdeckt – zehntausende Euro für ein Gnadenbrotpferd sind unrealistisch. Ebenso wird ein gut ausgebildetes, talentiertes Pferd am Markt höhere Preise erzielen können als es durch seine Anschaffungs-, Haltungs- und Ausbildungskosten alleine gerechtfertigt wäre. So hat dieses Verfahren Bedeutung vor allem bei der Bewertung von ungerittenen oder bestenfalls angerittenen jungen Pferden. Da es Kosten berücksichtigt, die im Grunde bei jedem Pferd anfallen, werden individuelle Eigenschaften des bewerteten Pferdes hierbei nicht vollumfänglich berücksichtigt.

Mit einem Ertragswertverfahren wird versucht, den Beitrag eines Pferdes zum Lebensunterhalt seines Besitzers zu ermitteln und danach seinen Wert zu bestimmen. Das Kutschpferd für Hochzeitsfahrten, das Schulpferd eines Westernbetriebs, das Arbeitsgespann eines biologisch arbeitenden Landwirtes oder das Holzrückepferd im Nationalpark, aber auch der Vererber im Vollblutgestüt, das springende Ausnahmetalent im Ausbildungsstall, der Bewegungskünstler des Dressurprofis – sie alle sind Arbeitskollege ebenso wie „Arbeitsmittel“ und tragen zudem oft auch zur Reputation eines Pferdeprofis auf eine Weise bei, die nur schwer in nüchternen Zahlen auszudrücken ist. Deshalb wären Deckgebühren und Preisgelder alleine keine adäquate Grundlage eines solchen Verfahrens.

Das am häufigsten genutzte Verfahren ist das Vergleichswertverfahren. Im Idealfall sucht und findet der Gutachter ein am Markt angebotenes Pferd, das zu 100 % dem zu begutachtenden entspricht und kann von dessen Verkaufspreis auf den Wert des fraglichen Pferdes schließen. Ganz so einfach ist dieses Verfahren nicht, vielmehr wird durch einen Abgleich aus Marktbeobachtung an möglichst vielen vergleichbaren Pferden und Kenntnissen individueller Eigenschaften des zu begutachtenden Pferdes näherungsweise dessen Wert ermittelt. Hier wird also besonders intensiv „Hand angelegt“: Damit die positiven wie negativen Merkmale eines Pferdes möglichst vollumfänglich ermittelt werden können, wird es auch unter dem Sattel, an der Longe oder im Gespann vorgestellt bzw. Probe geritten. In die Bewertung fließen auch beispielsweise Umgänglichkeit oder problemloses Handling ein, ebenso wie Schwierigkeiten im alltäglichen Miteinander, die sich negativ auf den Wert des Pferdes auswirken können. Ein für den Turniereinsatz vorgesehenes Pferd etwa, das beim Verladen große Probleme bereitet, kann trotz bester Leistungen unter dem Sattel im Vergleich mit einfach zu verladenden Artgenossen im Wert nicht gleichauf stehen. Dieses Verfahren kann bei Freizeit- wie Sportpferden jedes Ausbildungsstands gleichermaßen sinnvoll genutzt werden, solange sich genügend Individuen für einen objektiven Vergleich am Markt finden. Spezialrassen mit sehr geringer Population oder Pferde mit „exotischen" Talenten stoßen da allerdings an ihre Grenzen.

Pferde unter der Lupe

Was braucht es für ein Wertgutachten? Je mehr Daten der Gutachter zur Verfügung hat, desto genauer lässt sich der Wert eines Pferdes ermitteln. Neben Unterlagen, die eine eindeutige Identifikation erlauben, sind deshalb Nachweise für Turniererfolge oder Zuchtprämien vorzulegen. Die Ergebnisse tierärztlicher Untersuchungen, Röntgenbefunde, Belege zur Zuchttauglichkeit können ebenso einfließen wie etwa Kenntnisse bezüglich der engen Verwandtschaft eines Pferdes, also beispielsweise Turniererfolge von Vollgeschwistern. Bei einer Begutachtung wird das Pferd nicht nur hinsichtlich Exterieur, Interieur und Gangwerk, sondern auch im Hinblick auf etwaige Rassestandards betrachtet. Entspricht es äußerlich dem Rassetyp? Ist es bezogen auf die Rasse ungewöhnlich klein oder groß? Zu kalibrig oder nicht kräftig genug? Zeigt es auch eine rassetypische, nachgefragte Gangveranlagung? Ein schicker und makelloser Isländer etwa ohne jede Töltveranlagung wird sich am Markt kaum platzieren lassen und deshalb im Wert stark unter einem vergleichbaren Artgenossen mit Tölt liegen.

Aus diesen und vielen anderen Puzzleteilen ergibt sich am Ende ein Gesamteindruck, der den Wert eines Pferdes zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht so genau wie möglich abbildet. Für uns Pferdefreunde ändert dies nichts an unserer tiefsten Überzeugung, dass alle Pferde gleich wert-voll sind – aber manchmal braucht man es halt doch ein wenig genauer…

 

pferdesachverstaendiger wertermittlung pferdeUlrich Schmelzer | H - C - S Pferdesachverständiger, Wertgutachten f. Pferde

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Weitere Infos: Hippologische Gutachten und Wertermittlungen von Pferden


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