Atypische Weidemyopathie bedroht die Pferde

Im Frühjahr und im Herbst bedroht die Atypische Weidemyopathie die Pferde. Auslöser ist das Gift des Bergahorns, den Sie leicht erkennen können: An der spitz zulaufenden A-förmigen Form der Flügelfrüchte, die ebenso wie die Keimlinge am Boden für unsere Tiere giftig sind. Wenn Sie sich jetzt nicht vorstellen können, dass so etwas auf Ihrem Pferdehof passieren kann, lesen Sie hier einen typischen Schadenhergang aus dem Herbst letzten Jahres. Um die Privatsphäre zu schützen ohne Namen:

An einem schönen Herbstmorgen im Oktober 2018 wurde der junge, gesunde und kräftige Wallach gegen 9.00 Uhr von seiner Besitzerin auf die Weide gebracht. Nach kurzer Zeit fand eine andere Pferdebesitzerin das Pferd liegend, röchelnd und kurzatmig mit Koliksymptomen im Todeskampf auf der Weide vor. Wenige Minuten später ist das Tier vor den entsetzen Augen der jungen Frau verendet, ohne dass sie ihm helfen konnte. Zur selben Zeit befanden sich noch weitere Pferde auf der Weide. Eines der anderen Pferde, ein älterer Wallach, lag ebenfalls in der Nähe auf der Weide und zeigte kolikartige Beschwerden.

Die Untersuchung durch die herbei gerufene Tierärztin ergab bei beiden Pferden den Verdacht auf eine Atypische Weidemyopathie (Vergiftung durch den Samen des Bergahornbaumes), der sich durch das Ergebnis einer Blutuntersuchung bei dem noch lebenden Wallach bestätigte. Bei dem toten Tier wurde keine Blutuntersuchung mehr durchgeführt. Laut Aussage der Tierärztin war es jedoch sehr wahrscheinlich, dass es sich ebenfalls durch das Fressen des Samens vergiftet hat.

Die Weide, auf denen die Pferde standen, grenzt zu einer Seite an eine lange Strasse (deren Randstreifen mit Bergahornbäumen bepflanzt ist). Außerdem standen mehrere junge Triebe der Bergahornbäume sichtbar im Inneren der Weide.

Bericht und Folgen für die Stallbetreiber

Die Stallbetreiberin berichtete, dass sie die am Ort die Pferdepension betreibe. Der verstorbene Wallach war bei ihr in Pension eingestellt. Am Morgen gegen 09.00 Uhr seien die Pferde auf die Weide an der Straße gebracht worden. Gegen 11.00 Uhr habe Sie einen Anruf erhalten, der sie darüber unterrichtete, dass ein Tier leblos auf der Weide liege. Daraufhin habe Sie sogleich die Tierärztin angerufen, die schon nach sehr kurzer Zeit vor Ort war.

Die Tierärztin stellte leider nur noch den Tod des jungen Wallachs fest. Bei der anschließenden Untersuchung des älteren Wallachs, der ebenfalls auf der Weide lag, äußerte sie den Verdacht einer Atypischen Weidemyopathie beider Pferde als Ursache der Erkrankung. Dieser Verdacht bestätigte sich durch eine Blutuntersuchung des älteren Wallachs.

Die Stallbetreiberin wurde gefragt, ob Sie ihrerseits ein Verschulden an dem Tod des Pferdes und der Erkrankung des zweiten Pferdes sehen würde und ob sie einen Fehler begangen habe. Daraufhin entgegnete sie, dass Sie den Betrieb erst vor etwa einem Jahr übernommen habe und ihr die Gefahr, die von dem Samen der Bäume ausging, überhaupt nicht bewusst war. „Da wir nicht wussten, dass der Samen der Ahornbäume so giftig ist, haben wir die Weide auch nicht speziell daraufhin kontrolliert“, Auf die Frage, ob sie der Meinung sei, dass Sie den Schaden an den Pferden hätte verhindern können, antwortete diese sichtlich persönlich betroffen: „Wir hätten uns vorher über die Gefährdung informieren müssen und die Pferde entsprechend mit Heu und Stroh im Stall füttern, oder auf eine andere Weide bringen müssen“.

Auf die Frage, was sie unternehmen werde, damit sich so ein Schaden nicht wiederholen könne. entgegnete die Frau, dass alle jungen Ahornbäume innerhalb des Grundstücks sofort entfernt würden und dass im Herbst keine Pferde mehr auf die Weide in der Nähe der Bäume am Straßenrand gebracht würden.

Der Stallbetreiberin war auch nicht klar, dass sie eine Beratung für Pferdehöfe höchstwahrscheinlich staatlich gefördert bekommen hätte.

Was die Besitzerin berichtete.

Atypische WeidemyopathieSie habe ihr Pferd in dem Pensionspferdestall in Vollpension eingestellt. Zu den vereinbarten Leistungen gehöre auch derWeidegang. Am Schadentag habe sie vormittags einen Anruf von der Stallbesitzerin bekommen, dass ihr Pferd zusammen mit dem älteren Wallach leblos auf der Weide läge und dass die Tierärztin bereits informiert sei. Als sie auf der Weide eintraf, sei sowohl die Stallbetreiberin, als auch die Tierärztin bereits vor Ort gewesen. Die Tierärztin habe erst den älteren Wallach untersucht, der mittlerweile völlig apathisch am Weidezaun stand. Im Anschluss sei der junge Wallach untersucht und dessen Tod festgestellt worden. Es wurden keine Behandlungen, Blutentnahmen, oder Abstriche an dem Pferd durchgeführt und untersucht. Die Tierärztin habe sofort den Verdacht einer Vergiftung gehegt, da die Symptome deutlich für eine Athypische Weidemyopathie sprächen.

Für den entstandenen Schaden machte die Besitzerin des verstorbenen Jungpferdes verständlicherweise die Stallbetreiber verantwortlich, da diese offensichtlich versäumt hatten, sich bei der Betriebsübernahme über mögliche Giftpflanzen, die für Pferde gefährlich sein können und auf dem Gelände wachsen, zu erkundigen. Im Übrigen seien die Weiden ungepflegt und überweidet gewesen.

Was der Tierarzt berichtet

Die behandelnde Tierarztpraxis konnte anhand ihrer Aufzeichnungen und Befunde folgende Angaben machen:

Die Tierärztin sei am Schadentag um etwa 11.00 Uhr von der Stallbetreiberin angerufen und zu einer vor Ort Behandlung gebeten worden. Am Schadenort, einer Weide an einer Landstraße standen 4 Pferde. Zwei Pferde grasten in einer Ecke, ein Pferd stand apathisch am Zaun und ein Pferd lag -offensichtlich tot -auf der Weide. Schon beim Betreten der Weide, habe Sie überall den verstreuten Ahornsamen gesehen, so dass sie gleich den Verdacht einer Atypischen Weidemyopathie hatte. Der zuerst untersuchte ältere Wallach zeigte deutliche Koliksymptome, die entsprechend behandelt wurden. Zudem wurden Blutproben entnommen und in den darauffolgenden Tagen mehrere verschiedene Infusionen verabreicht. Es wurde ein Blut Screening durchgeführt, das den Verdacht einer Atypischen Weidemyopathie bestätigte.

Der junge kräftige Wallach war beim Eintreffen der Tierärztin bereits verendet und wurde nicht mehr behandelt. Die äußeren Anzeichen, blasse Schleimhäute, sein jugendliches Alter sowie sein sehr guter Futterzustand ließen aber auf den Tod durch eine Ahornsamenvergiftung schließen.

Was der Hippologische Gutachter urteilte

Aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der Stallbetreiberin, der Pferdebesitzerin sowie den Aufzeichnungen der Tierärztin zum Schadenhergang sei aus hippologisch-gutachterlicher Sicht der Kausalzusammenhang zwischen einer Ahornsamenvergiftung und dem Verenden des Wallachs sehr wahrscheinlich. Es sprächen alle Anzeichen für den Tod durch eine Atypische Weidemyopathie (ATM). Da an dem toten Pferd keine Blutuntersuchung vorgenommen wurde, sei diese These allerdings nicht zu beweisen.

Der Gutachter erklärt: Die ATM tritt vor allem im Frühjahr und im Herbst auf. Rund 75 bis 90 Prozent der betroffenen Pferde sterben an der rasant fortschreitenden Muskelerkrankung. Es sind, wenn überhaupt, nur mildere Verläufe von ATM heilbar. Sie ist die Folge einer schleichenden Vergiftung. Als Auslöser wurde das Protein Hypoglycin A ausgemacht, ein in den Samen und Keimlingen des Berg-Ahorns enthaltenes Gift. Von der Muskelerkrankung sind gut genährte junge Pferde eher betroffen, die auf feuchten, überweideten und ungepflegten, eher nährstoffarmen Weiden stehen, wie es auch hier der Fall war.

Aus gutachterlicher Sicht ist der entstandene Schaden auf eine fahrlässige Handlung der Stallbetreiberin zurückzuführen. Sie hatte als Pensionspferdestallbetreiberin eine Obhutspflicht für die bei Ihr eingestallten Pferde und hat es versäumt, die Weideflächen, die von den Pensionspferden benutzt werden, auf mögliche Gefahrenquellen hin zu überprüfen und diese gegebenenfalls zu entfernen. Diese Handlung ist aus Unwissenheit nicht erfolgt, obwohl sie als gewerbsmäßige Pensionspferdehalterin Kenntnis über die ATM mit ihren Folgen gehabt haben müsste.

Für die Besitzerin ein schwacher Trost, dass sie hier Recht bekommen hat, denn man bekommt in einem solchen Fall keineswegs alles ersetzt, was man finanziell und emotional in das Tier investiert hat.

Fazit: Es ist zweifellos besser für alle Seiten, wenn Betreiber von Pferdepensionen sich jederzeit mit den Gefahren für Pferde beschäftigen und ihrer Obhutspflichten als Pferdestallbesitzer angemessen nachkommen. Versicherungsfälle in Reitbetrieben sind unangenehm und niemand möchte, dass die Pferde zu Schaden kommen.

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